Die RATP-Baureihe MI 09 bezeichnet fünfteilige doppelstöckige Elektrotriebwagen, die 2009 von der Régie autonome des transports Parisiens (RATP) bestellt wurden, um die Baureihe MI 84 auf der Linie A des Réseau express régional d’Île-de-France (RER) zu ersetzen. Die Bezeichnung MI steht für materiel d'interconnexion, also Durchbindungsmaterial, wobei sich die Durchbindung auf den durchgehenden Verkehr auf den unterschiedlich elektrifizierten Strecken von RATP und SNCF bezieht. Der erste Zug der Nullserie wurde 2010 für Testfahrten übernommen; der ursprünglich für Herbst 2011 vorgesehene Einsatz im Fahrgastbetrieb begann am 5. Dezember 2011. Im Juni 2012 löste die RATP eine Option auf zusätzliche Züge ein, die nun die Baureihe MS 61 ersetzten. Insgesamt wurden 140 Züge bestellt.

Geschichte

Politische Diskussion über die Überlastung des RER A

Das Liniensystem RER A ist mit seinen täglich rund 1,2 Millionen Fahrgästen eine der weltweit meistgenutzten Bahnverbindungen. Die Züge sind häufig überfüllt und verspätet. Am 11. April 2008 präsentierte die RATP einen Plan zur Verbesserung der Pünktlichkeit, der neben kurzfristigen betrieblichen Maßnahmen mittelfristig auch die Anschaffung von neuen Doppelstockzügen vorsah.

Den Vorschlägen der RATP folgend forderten die Abgeordneten der UMP im Regionalrat der Île-de-France am 19. Mai 2008 den Präsidenten des Regionalrats Jean-Paul Huchon auf, die finanzielle Mittel bereitzustellen, die nötig seien, um die Probleme der Überlastung des RER A zu lösen. Der syndicat des transports d'Île-de-France (STIF) müsse die Pläne der RATP finanziell unterstützen, generell Doppelstockwagen einzusetzen.

Die Frage der Modernisierung des RER führte zu politischen Konflikten zwischen dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy (UMP) und der Regionalregierung von Jean-Paul Huchon (PS). Am 20. Mai kündigte Sarkozy bei einer Rede zur Umweltpolitik in Orléans an, er werde nicht zulassen, dass „fruchtlose Opposition“ und die „politischen Querelen“ auf lokaler Ebene notwendige Investitionen verhinderten. Der französische Staat werde nötigenfalls die Führung in dieser Frage übernehmen. Huchon nannte die Ankündigung des Präsidenten ein „politisches Manöver“, der französische Staat sei schließlich „der einzige Aktionär der RATP“.

Am 27. Mai 2008 kündigte Sarkozy auf dem Radiosender RTL an, dass die RATP 250 bis 300 Millionen Euro für die Modernisierung des RER A, insbesondere die Anschaffung neuer Fahrzeuge, bereitstellen werde. Er forderte den STIF auf, „seinen Teil zu tun“ und die gleiche Summe bereitzustellen, damit die Modernisierungsarbeiten bald beginnen könnten, neue Fahrzeuge bestellt würden und sämtliche Fahrgäste in zwölf Jahren davon profitieren könnten. Huchon kündigte am selben Tag an, dass „der STIF, die Gebietskörperschaften und die Region werden selbstverständlich ihre 50 % beitragen, so wie wir dies allgemein beim Nahverkehr tun.“

Diesen Ankündigungen folgend beauftragte der Verwaltungsrat der RATP am 27. Juni 2008 seinen Präsidenten Pierre Mongin, die nötigen Schritte einzuleiten, um den RER A durchgehend mit Doppelstockwagen zu betreiben und damit die Kapazität um insgesamt 30 % zu erhöhen. Für die Anschaffung von 30 Zügen wurden Kosten von 600 Millionen Euro eingeplant, die zu gleichen Teilen von RATP und STIF getragen werden sollten.

Bestellung und Produktion

Am 8. April 2009 wurde die feste Bestellung von 60 Einheiten – ein Zug besteht aus einer (Kurzzug) oder zwei Einheiten (Langzug) – für 917 Millionen Euro, von denen 30 % durch den STIF getragen wurden, bekanntgegeben. Der erste Zug sollte Ende 2010 ausgeliefert werden und ab Mitte 2011 sollte jeden Monat ein Zug in den Fahrgastverkehr kommen. Der Vertrag enthielt auch eine Option auf 104 weitere Einheiten und hatte damit insgesamt ein Volumen von 2,5 Milliarden Euro. Letztlich sollte die Kapazität der Linie A damit um 30 % gesteigert werden.

Den Zuschlag erhielt ein Konsortium aus Alstom und Bombardier, das bereits die Züge vom Typ MI 2N Altéo gebaut hatte. Alstom hatte einen Anteil von ca. 70 % am Wert der Bestellung, was 640 Millionen Euro entspricht.

An der Herstellung der Züge waren zahlreiche Alstom-Fabriken in Frankreich beteiligt: Valenciennes, Le Creusot (Drehgestelle), Ornans (Antrieb), Tarbes und Villeurbanne. Die Montage der Endwagen erfolgte in Valenciennes, die der Mittelwagen in der Fabrik von Bombardier in Crespin (Nord).

Die Auslieferung des ersten MI 09 erfolgte Ende 2010, im Januar 2011 wurde er im Beisein von Huchon der Öffentlichkeit vorgestellt. Der erste Einsatz im Fahrgastverkehr folgte am 5. Dezember 2011 im Beisein von Staatspräsident Sarkozy.

Eingelöste Optionen

Ende Juni 2012 löste die RATP einen Teil der Option ein und bestellte 70 weitere Zugeinheiten. Diese sollen die einstöckigen Züge der Reihe MS 61 ersetzen, von denen die ersten schon 1967 zum Einsatz kamen. Eine Bestellung von 10 Zügen zusätzlich wurde im Januar 2015 vom STIF genehmigt. Die Auslieferung der insgesamt 140 Züge, alle für den RER A vorgesehen, war 2017 abgeschlossen.

Einsatz

Die Einheiten der Baureihe MI 09 werden ausschließlich auf dem RER A eingesetzt, wo sie auf den Strecken von RATP und SNCF, die mit unterschiedlichen Fahrleitungsspannungen versorgt werden, gleichermaßen einsetzbar sind. Hier bedient sie vor allem die Verbindungen von Marne-la-Vallée - Chessy im Osten zu den westlichen Endpunkten Cergy-le-Haut und Poissy. Vereinzelt kommt es auch zu Einsätzen auf den anderen Streckenästen.

Fahrzeugkonzept

Die Züge der Baureihe MI 09 bestehen aus fünf Wagen und können in Doppeltraktion eingesetzt werden. Jeder Wagen verfügt über drei besonders breite Türen (2 Meter) pro Seite, um einen schnellen Fahrgastwechsel zu ermöglichen. Damit sind die gleichen Haltezeiten in den Bahnhöfen wie bei der Vorgängerbauart MI 84 möglich, obwohl durch die doppelstöckigen Bereiche zwischen den Türen bis zu 55 % mehr Fahrgäste befördert werden können: 2600 Fahrgäste (davon 948 auf Sitzplätzen) gegenüber 1684 (davon 432 auf Sitzplätzen).

Die Züge sind mit dem System des RER A zur Führerstandssignalisierung système d’aide à la conduite, à l’exploitation et à la maintenance (System zur Hilfe bei Steuerung, Betrieb und Wartung) ausgerüstet, das auf der Stammstrecke zwischen den Bahnhöfen Nanterre-Préfecture und Vincennes eine dichte Zugfolge ermöglicht. Die Züge basieren auf der älteren Doppelstockbaureihe MI 2N Altéo und sind mit ihr kuppel- und vielfachsteuerbar.

Die Einheiten sind wegen der mit unterschiedlichen Spannungen versorgten Strecke zweisystemfähig für 1,5 kV Gleich- und 25 kV Wechselspannung.

Die Fahrgasträume der Züge sind videoüberwacht und mit 19-Zoll-LCD-Bildschirmen ausgestattet, welche die Fahrgäste über den Zuglauf, den nächsten Halt und die Anschlüsse informieren. Die Züge verfügen weiterhin über eine ventilation refrigérée (gekühlte Belüftung), jedoch keine vollwertige Klimaanlage.

Züge

Weblinks

Einzelnachweise


[MI09 RATP] Sujet Officiel Matériel roulant ferroviaire Le Web des

Vincennes RER A Paris ( RATP MI09 ) YouTube

La RATP confirme l’acquisition de 70 MI09 en option… Rail Passion

[RATP] MI09 RER A / Val de Fontenay YouTube

RER A MI 09 YouTube