Die Empresa Insulana de Navegação war eine 1871 gegründete portugiesische Reederei. Sie betrieb Linien zu den Azoren und Madeira, zeitweise auch nach Nordamerika, Afrika und Nordeuropa. 1974 fusionierte sie mit der Companhia Colonial de Navegação.

Geschichte

Vorgeschichte und Gründung

Mit dem Rückzug der Empresa Lusitana, mit der die englische Reederei Bailey & Leetham in Portugal operiert hatte, gründete eine Gruppe azoreanischer Geschäftsleute am 10. April 1871 die Empresa do Barão de Fonte Bella, die eine Linienverbindung zwischen Portugal und fünf Inseln der Azoren beabsichtigte. Dazu erwarb sie von der Empresa Lusitana die beiden Schiffe Atlântico und Insulano. Bei der Erweiterung des Gesellschafterkreises beteiligte sich auch José Bensaude an dem Unternehmen, das ab 13. Dezember 1871 als Empresa Insulana de Navegação firmierte. Zum Erhalt staatlicher Zuschüsse verpflichtete sich die Reederei, zwischen Lissabon und den Azoren monatlich zwei Verbindungen und nach Madeira eine Verbindung zu unterhalten. Sitz des Unternehmens wurde Ponta Delgada auf der Azoreninsel São Miguel. 1874 übernahm José Bensaude mit weiteren Anteilen die Mehrheit an der Reederei, die bis 1970 zur Grupo Bensaude gehörte. Den Firmensitz verlegte er nach Lissabon.

Entwicklung bis Ende des Ersten Weltkrieges

Die Verträge mit der Regierung wurden sukzessive bis 1914 verlängert. In dieser Zeit baute das Unternehmen seine Flotte aus und erneuerte sie laufend: Als Ersatz für die verlorene Insulano charterte sie 1875 die Neptuno und bestellte ihren ersten Neubau Luso. Auf die ebenfalls verlorene Atlântico folgte 1877 die Açor, und bis 1914 ergänzten die Benguela (ab 1883/84), Funchal (ab 1884), Vega (ab 1890), Peninsular (ab 1893), San Miguel (ab 1905) und Insulano II (ab 1910) die Flotte. Über die bestehende Route hinaus richtete die Reederei 1885 eine verlängerte Passagier- und Frachtlinie nach Nordamerika mit Stopps in Boston und New York ein, die vor allem Auswanderer beförderte. Aufgrund des Konkurrenzdruckes musste sie die Verbindung 1910 wieder einstellen, die Vega und die Peninsular wurden 1899 bzw. 1910 wieder verkauft. Anschließend konzentrierte sich die Reederei auf die Verbindung zwischen Lissabon, Madeira und den Azoren.

Während des Ersten Weltkrieges wurde die Empresa Insulana und ihre Flotte der neugeschaffenen Regierungsbehörde Serviço Insulano de Navegação unterstellt. Nach dem Kriegseintritt Portugals auf Seiten der Alliierten 1916 wurden ihr von der Staatsreederei Transportes Maritimos do Estado zeitweilig zwei der beschlagnahmten deutschen Schiffe überlassen. Die Porto Santo (ex Guahyba) und São Jorge (ex Sardinia) ersetzen die für Nachschubtransporte der Regierung genutzten San Miguel und Funchal. Nach dem Krieg gab die Reederei die São Jorge zurück, während die Porto Santo noch 1918 gesunken war. Im Kriegsverlauf ging keines der Schiffe der Reederei verloren. Doch am 14. Oktober 1918 griff das deutsche U-Boot U 139 die San Miguel an, die durch den Einsatz des portugiesischen Marinetrawlers Augusto de Castilho entkommen konnte. Der Trawler sank im Gefecht mit dem U-Boot.

Entwicklung bis Ende des Zweiten Weltkrieges

Nach dem Krieg verschlechterte sich die finanzielle Situation der Reederei. Dennoch ersetzte sie 1922 die alte Funchal durch die von der Transportes Maritimos Do Estado übernommene Lima (ex Westerwald). 1930 folgten zwei Anschaffungen: Die kleine Corvo war das erste Motorschiff und zugleich das erste Frachtschiff der Empresa Insulana. Damit reagierte die Reederei auf den madeirischen Konkurrenten Empresa de Navegação Madeirense, der zuvor mit der Funchalense das erste Motorschiff des Archipels in Dienst gestellt hatte. Im gleichen Jahr erhielt sie den in Italien bestellten Neubau Carvalho Araújo, der monatlich die Azoren anlief. Die Weltwirtschaftskrise, steigende Kohlepreise, die Abwertung der portugiesischen Währung und damit zurückgehende Fracht- und Passagierraten hinderten die Reederei jedoch an der weiteren Modernisierung. Im Zweiten Weltkrieg nahm die Reederei wieder Transatlantikfahrten auf und überstand den Krieg ohne Verluste.

Flottenerneuerung

Nach dem Krieg war die Flotte der Reederei wie die der gesamten portugiesischen Schifffahrt überaltert. Von dem Erneuerungsprogramm der portugiesischen Regierung für die Handelsmarine, dem Despacho 100 vom 10. August 1945, sollte auch die Empresa Insulana profitieren. Bis 1955 erhielt sie fünf Schiffe im Rahmen dieses Programms: 1948 das Frachtschiff Terceirense, 1949 mit der Gorgulho und der Madalena erstmals zwei Fruchtschiffe sowie 1955 die kleinen Passagierschiffe Cedros und Arnel. Die beiden vorgesehenen großen Passagierschiffe kamen jedoch nicht zustande, da die Reederei aufgrund des hohen Konkurrenzdrucks nicht über genügend finanzielle Ressourcen verfügte, es intern zu Verzögerungen bei den Entscheidungen kam und daher die staatliche Unterstützung verfiel. Vor dem Hintergrund von drei weiteren portugiesischen Anbietern im Passagierverkehr mit den Azoren (Companhia de Navegação Carregadores Açorianos, Empresa de Transportes do Funchal und Empresa de Navegação Madeirense) schlug der zuständige Marineminister Américo Tomás vor, die vier Unternehmen zu verschmelzen. Doch dagegen sprachen sich die betroffenen Reedereien aus.

Nach Abschluss des Despacho-Programms 1955 folgten in den 1960er-Jahren vor allem Passagierschiffe. Bereits 1959 hatte die Reederei in Dänemark die Funchal bestellt, die ab 1961 zunächst im Verkehr mit dem Festland, später für Kreuzfahrten eingesetzt wurde und das Bild der Reederei prägte. Als Ersatz für die verlorene Arnel kam 1961 die Ponta Delgada zur Flotte und verkehrte zwischen den Azoreninseln, gefolgt 1966 von der in Israel angekauften Angra do Heroísmo, dem größten Passagierschiff der Reederei. Mit der Konkurrenz durch die Luftfahrt wurden beide großen Passagierschiffe später für Kreuzfahrten genutzt.

Verkauf, Expansion und Fusion

1970 verkaufte die Grupo Bensaude die Empresa Insulana an die Empresa de Trânsito e Estiva (ETE), die umgehend ein Modernisierungsprogramm einleitete und neue Routen schuf. Mehrere gebraucht angekaufte Frachter (Roçados, Serpa Pinto (2), Muxima, Congo, Lagoa (3), Sete Cidades (2)) fuhren ab 1971 zu den portugiesischen Kolonien in Afrika – sehr zum Missfallen der beiden Reedereien Companhia Colonial de Navegação und Companhia Nacional de Navegação. Neben Transporten von Truppen und militärischen Nachschubgütern für den Kolonialkrieg eröffnete die Empresa Insulana 1971 Verbindungen nach Guinea, Angola, Mosambik, aber auch nach Nordeuropa.

Zeitgleich geriet die Reederei Carregadores Açoreanos in finanzielle Schwierigkeiten, ihre Kontrolle übernahm ebenfalls die ETE und darüber übernahm die Empresa Insulana schließlich die Carregadores Açoreanos. Die Schiffe des vormaligen Konkurrenten gliederte sie bis Dezember 1972 in ihre Flotte ein (Açores, Horta, Monte Brasil, Ponta Garça, Ribeira Grande). Das von der ETE initiierte Modernisierungsprogramm wurde unterdessen fortgesetzt und 1972 sowie im Folgejahr noch einmal eine größere Anzahl von Schiffen in die Flotte integriert (Carvalho Araujo (2), Pereira d'Eça, Cedros (2), Gorgulho (2), Lima (2), Mauricio de Oliveira, Rodrigues Cabrilho, João da Nova, Ponta Sao Lourenco, Hermengildo Capelo). Mit diesen Schiffen nahm die Reederei zum Teil neuen Linien in Europa und Afrika auf, teilweise nutzte sie die Erwerbungen für azoreanische Verbindungen.

Auf die Krise der weltweiten Schifffahrt aufgrund von Überkapazitäten und Preisverfall der Frachtraten, der zunehmenden Konkurrenz der Luftfahrt regierte der portugiesische Staat mit lenkenden Maßnahmen: Die großen Reedereien des Landes sollte ihre Konkurrenzfähigkeit durch Fusionen wiedererlangen. Die ETE als Muttergesellschaft der Empresa Insulana drängte sie dabei zur Fusion mit der Companhia Colonial de Navegação, die vor dem Bankrott stand. Stattdessen verkaufte die ETE die Empresa Insulana an die Sociedade Financeira de Lisboa, unter deren Ägide die beiden Unternehmen am 1. Februar 1974 zur neuen Reederei Companhia Portuguesa de Transportes Marítimos verschmolzen wurden. Damit endete die 103-jährige Geschichte der Empresa Insulana.

Schiffe der Reederei

Die Liste enthält die See-Schiffe der Reederei einschließlich gecharterter, zugewiesener oder unsicher Schiffe, die als solche gekennzeichnet sind.

Literatur

  • Paulo Jorge Martins da Brázia: A Marinha Mercante entre 1945–1985. As Grandes Armadoras, Universidade de Lisboa, Lissabon 2010, (Online-Version als PDF; 43 MB).
  • A. A. Moraes: Empresa Insulana de Navegação. In: Atlântida, Vol. XLV, 2000, Instituto Açoriano de Cultura, Angra do Heroísmo, S. 9–110.

Weblinks

  • Empreza Insulana de Navegacao / Insular Line bei theshipslist.com, aufgerufen am 25. Juni 2021
  • Empresa Insulana de Navegação bei restosdecoleccao.blogspot.com (portugiesisch), aufgerufen am 25. Juni 2021
  • Navios de Passageiros/Passenger ships bei shipsinsulana.planetaclix.pt nach: Luís Miguel Correia: Paquetes Portugueses, Edições Inapa, Lissabon 1992, ISBN 978-972-9019-51-7 (portugiesisch/englisch), aufgerufen am 25. Juni 2021

Einzelnachweise


Medalhas da Madeira Empresa Insulana de Navegação Centenário

Empresa Insulana de Navegação anuncia investimento no turismo RTP

Medalhas da Madeira Empresa Insulana de Navegação Centenário